Amazon hält an Kinofenster fest - andere Studios wollen aktuelle Kinofilme für 50 Dollar verleihen. (UPDATE! - Wild Bunch propagiert neue e-Plattform.)
Anders als Konkurrent Netflix hält Amazon am Kinofenster fest. Laut einem Bericht des US-Branchenmagazins "Variety" will der Onlinehändler Spielfilmen in den USA eine 30 bis 90 Tage lange exklusive Kinoauswertung spendieren, ehe die Filme Kunden von Prime Video als Streaming zur Verfügung gestellt werden.
Amazon deckte sich beim Sundance Film Festival mit vier Kinoproduktionen ein, darunter das Drama "Manchester by the Sea", das bei den Kritikern sehr gut ankam und für das Amazon zehn Mio. Dollar auf den Tisch legte.
Der Kinostart ist noch unklar, weshalb es noch keinen Trailer gibt, nur ein paar Stellungnahmen vom Red Carpet in Sundance:
Roy Price, Chef von Amazon Studios, hat die Kinopläne des Unternehmens mittlerweile konkretisiert. Demnach will Amazon jährlich zwischen zehn und zwölf Filme in die Kinos bringen. Dabei kommen Produktionen mit einem Budget von jeweils fünf Mio. bis maximal 40 Mio. Dollar in Frage. Interessant ist auch Prices Anmerkung zum angepeilten wirtschaftlichen Erfolg der erworbenen Filme. Schließlich hat kein Film von Kenneth Lonergan, dem Regisseur von "Manchester by the Sea", jemals mehr als zehn Mio. Dollar am US-Boxoffice verdient. Dem E-Commerce-Riesen Amazon dürfte es bei seinem Kinoengagement vor allem darum gehen, den eigenen Lieferservice Prime zu bewerben.
Amazons erster Kinofilm, der in Berlin erstmals im Februar auf der Berlinale"Außer Konkurrenz" gezeigt wurde, kam schon im Dezember 2015 mit Spike Lees "Chi-Raq" in ausgewählten US-Kinos auf die Leinwand und ist bei uns bereits als DVD und Blu-ray erhältlich. Hier der Trailer:
CHI-RAQvon teasertrailer
Zu den aktuellen Amazon-Projekten zählen Filme von Whit Stillman, Todd Solondoz und Woody Allen. Über das Budget, das der Internetriese für Filme locker macht, gibt es keine konkreten Zahlen. Analysten schätzen den Etat auf jährlich drei Mrd. Dollar, der für TV-Programme, Musik und Filme ausgegeben wird.
US-Studios wollen aktuelle Kinofilme für 50 Dollar verleihen.
In den USA werden Partnerschaften zwischen VoD-Plattformen und den Kinos inzwischen ernsthaft diskutiert, wie wir am 23. August 2015 in einem ausführlichen Artikel schrieben. Um den Handel mit Raubkopien einzuschränken, hatten einige US-Majors zeitgleich mit einem weltweiten Kinostart auch mit einem gleichzeitigen kostenpflichtigen Online-Streaming experimentiert. Dies rief allerdings heftige Gegenreaktionen bei den Kinobetreibern hervor, die durch die Online-Auswertung nicht nur einen dramatischen Verlust an Einnahmen befürchten, sondern das Kinoevent an sich bedroht sehen. Auch in Europa war die von der EU geplante Abschaffung des Territorialitätsprinzips für VoD-Plattformen bei den deutschen Filmproduzenten bereits auf harte Kritik gestoßen.
Allerdings schnellt speziell im Dezember die Kurve der illegalen Downloads von Filmen deutlich empor. Kurz vor Weihnachten werden nämlich die letzten Muster neuer Filme an jene Jurymitglieder verschickt, die aktuelle Werke nicht sofort im Kino sehen können, aber ihre Stimmabgabe für die Oscars noch rechtzeitig einsenden müssen. Da das Datenleck bisher noch nicht ausfindig gemacht wurde, will man durch einen kostenpflichtigen Online-Start die Filme möglichst weltweit gleichzeitig verfügbar machen, um den Filmpiraten zuvor zu kommen. Bisher fand der US-Kinostart meist nur in wenigen Großstädten wie Los Angeles oder New York statt. Andere Regionen kommen oft erst später zum Zuge, da die Herstellung von Kinokopien bzw. DCP-Kopien auf Festplatten teuer ist, während der Online-Vertrieb nur wenig kostet.
Damit darunter nicht das Kinozeitfenster leidet, sollen die Kinos in Zukunft möglicherweise für einen vorzeitigen VoD-Start nicht nur entschädigt, sondern sogar an den Einnahmen über die Online-Plattform beteiligt werden. Doch die Kinos haben den Vorschlag schon entschieden zurückgewiesen. So sieht die Art House Convergence, ein Zusammenschluss von rund 600 unabhängigen Kinobetreibern, darin eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell sowie eine Begünstigung von Filmpiraterie. Auch die National Association of Theatre Owners (NATO), der mächtige Verband der US-amerikanischen Filmtheaterbetreiber, lehnt das Modell klar ab. Ähnlich kritisch äußerte sich nun auch der europäische Cinema-Dachverband UNIC.
Steven Spielberg befürwortet die Plattform »The Screening Room«.
Dennoch verhandeln Hollywood-Studios und Distributionsfirmen derzeit mit dem neuen Angebot namens »The Screening Room« über eine Partnerschaft. Wie Variety berichtete, soll es auch für Heimanwendern Zugriff auf aktuelle Kinofilme geben – und zwar vom ersten Tag an. Die Ausleihe würde allerdings ca. 50 Dollar für einen Film kosten. Für gut betuchte Herrschaften mit eigenem Heimkino wäre dies wahrscheinlich nicht zu teuer. Für Familien mit mehr als zwei Kindern, käme ein Kinobesuch sicherlich nicht billiger. Der durchschnittliche US-Kinokarte Preis lag im Jahre 2010 noch bei $ 7,89 für eine Person pro Film. Mittlerweile werden wie bei uns zum Teil mehr als $ 10 verlangt. Hinzu kommen Aufschläge für Logenplätze, Überlängen, 3D-Features sowie Parkgebühren und das obligatorische Popcorn mit zusätzlichen Getränkepreisen für Bier oder Coca Cola.
Der Preis von 50 Dollar pro Film für die Online-Ausleihe bezieht sich auf einen Zeitrahmen von 48 Stunden, wie er heute auch bei anderen Streaming-Anbietern wie Maxdome, iTunes und Google Play Movies üblich ist. Zudem bekommt der Ausleiher laut Variety für diese Summe auch noch zusätzlich zwei Kinokarten gratis, um den Film evtl. noch einmal in einem Kino auf der großen Leinwand sehen zu können. Für das Heimkino muss allerdings für eine schnelle Internetanbindung mit zusätzlichen monatlichen Kosten gerechnet werden (sofern nicht vorhanden) sowie für eine von »The Screening Room« angebotene Settop-Box, die ca. einmalig 150 Dollar kosten wird. Diese Preise sind mit den Preisen der DSL-Anschlussgebühren bei uns sowie den Preise einer Sky-Settop-Box oder anderer Anbieter vergleichbar.
Die Start-up-Plattform »The Screening Room« wird unter anderem von Sean Parker gefördert, einem der Napster-Gründer und früheren Facebook-President. Dem Bericht zufolge fordert es eine exklusive Partnerschaft. Im Gegenzug bezieht es große Kinoketten ein, die unter einem solchen Vertriebsabkommen sonst am meisten zu leiden hätten: Von den 50 Dollar Leihgebühr sollen ihnen bis zu 20 Dollar überwiesen werden.
»The Screening Room« soll zudem über weitere hervorragende Branchenkontakte verfügen: Hauptinvestor Parker hat laut Variety den früheren Distributionsleiter von Sony Pictures, Jeff Blake, als Berater gewonnen. Und CEO ist Prem Akkaraju, früher für SFX Entertainment und InterMedia Partners, JP Morgan Entertainment Partners und die Sanctuary Music Group tätig.
Die Gespräche sind dem Bericht zufolge noch in einem frühen Stadium. Allerdings heißt es auch, The Screening Room stehe kurz vor einem Abschluss mit der größten amerikanischen Kinokette AMC. Auch Steven Spielberg, J.J. Abrams und Peter Jackson sehen in der Plattform eine Möglichkeit für Wachstum und Diversifikation im Filmvertrieb, während James Cameron, Christopher Nolan und Jon Landau das Modell ablehnen. Eine ähnliche Geschäftsidee hat kurz zuvor auch Prima Cinema verkündet, die mit Universal Pictures und der IMAX Corporation zusammenarbeiten wollen, um aktuelle Hollywood Filme direkt nach Hause ins Heimkino zu bringen.
NACHTRAG:
Wild Bunch propagiert e-Plattform in Frankreich.
Wie heute Abend auf ARTE verkündet wurde, will das führende europäische Independent-Filmverleih- und Produktionsunternehmen, WILD BUNCH, vor allem in Frankreich verstärkt auf e-Commerz setzen. Wenn die Besucher nicht mehr gewillt sind, in kleine überfüllte Kinos zu gehen, in denen vornehmlich die Arthouse-Werke der letzten Festspiele von Cannes oder Venedig laufen, so muss man die Filme eben über eigene oder andere VoD-Plattformen nach Hause zu den Zuschauern liefern, hieß es in den aktuellen Nachrichten. Für einen Preis von 6,99 Euro sollen Filme wie z.B. "The End" von Guillaume Nicloux exklusiv und ausschließlich im Online-Vertrieb zu sehen sein und zukünftig gar nicht mehr in den Kinos anlaufen.
In dem brandaktuellen Film spielt Gerard Depardieu eine Paraderolle. Er wird von Albträumen geplagt. Für uns eine der eindrucksvollsten Premieren der letzten Berlinale und vielleicht sogar die beste Rolle des übergewichtigen Schauspielers der letzten Jahre. Hier der Trailer:
Mit dem neuen Geschäftsmodell von Wild Bunch, das auch für andere Anbieter zur Verfügung stehen könnte, soll auf diesem Wege auf außergewöhnliche Independent Filmkunst aufmerksam gemacht werden, die in den Multiplex-Kinos unterzugehen droht. "The End" war auf der 66.Berlinale in der Sektion Forum als Weltpremiere gezeigt worden und soll ab 8. April 2016 offiziell im sogenannten e-CINÉMA in Frankreich auf einem speziell gesicherten YouTube-Kanal anlaufen, womit über 80% der französischen Haushalte erreicht werden können. Erst acht bis zwölf Wochen später ständen die Werke auch anderen VoD-Plattformen zur Verfügung und können dann auch als DVD verkauft werden.
Mindestens einmal im Monat sollen zukünftig weitere Werke folgen, die nicht in den Kinos gezeigt werden. Aktuelle Filme können dann für ca. sechs Wochen direkt in die Wohnzimmer gestreamt werden, während die Filme in den Kinos meist schon nach zwei bis drei Wochen verschwunden sind. Der Kinomarkt kann das Überangebot an Filmen nicht mehr aufnehmen, weshalb man neue Vertriebsformen wählt, heißt es bei dem Distributor.
Eine Ausleihe ganz aktueller Filme gibt es derzeit bei uns nicht. Das Kinozeitfenster verbietet dies. Meist sind die Filme jedoch schon nach drei Monaten in den Videotheken erhältlich und zunehmend auch gleichzeitig online abrufbar wie derzeit Sam Mendes‘ James-Bond-Film "Spectre" bei Maxdome. Der US-Kinostart von "Spectre" war schon Anfang November, und Anfang Dezember 2015 lief der letzte Bond-Film dann auch in deutschen Kinos. Hier der Trailer:
Der Online-Stream eines drei bis sechs Monaten alten Films kostet typischerweise ab 3,99 Euro für 48 Stunden in SD-Qualität und ca. 4,99 Euro in HD-Qualität. Die Filme sind damit beispielsweise über Maxdome, Videoload oder Videobuster etwas teurer, als die Ausleihe in einer gut ausgestatteten Videothek. Dort müssen die Kunden pro Geschäftstag manchmal nur einen Euro pro DVD zahlen. Wird der Film jedoch erst nach Mitternacht zurückgegeben wird die gleiche Summe nochmals fällig. Trotz oder wegen der günstigen Preise müssen die Videotheken aber oft ums Überleben kämpfen und geraten immer häufiger in Insolvenz. Viele mussten ihre Läden schon schließen. Durch Expansion von Rostock bis nach Dresden und Leipzig hat sich die VideoWorld-Kette aus Berlin jedoch gut behaupten können.
Im Gegensatz zu VideoWorld beruhte das Geschäftsmodell von Videobuster bisher auf einem Abo-Modell, das wie bei Amazon's Love Film funktioniert. Beide Firmen verleihen Filme und Serien monatlich auf DVD und Blu-ray per Post. Ab sofort gibt jedoch bei Videobuster den neuen Videobuster aLaCarte-Verleih ab 2,49 € für den kein Abo mehr erforderlich ist. Pro Briefsendung erhalten Sie wahlweise ein oder zwei Discs. Zeitgleich können sogar 2 Bestellungen aufgegeben werden, die insgesamt bis zu 4 Titel (Discs) beinhalten.
Laut Videobuster ist der Versand physischer Medien vor allem in den ländlichen Regionen, wo der schnelle Online Anschluss immer noch mit Kapazitätsproblemen kämpfen muss, dem Download vorzuziehen. Zudem bietet die Blu-ray Disc die bessere Qualität und ist auch deutlich länger lieferbar als der Online-Stream, der oft nach einem Jahr bei allen Anbietern gar nicht mehr zur Verfügung steht, oder ggf. nur noch als Kaufoption zu einem höheren Preis.
Videobuster bewirbt dennoch neben dem DVD- und Blu-ray-Vertrieb zunehmend auch Video on Demand (VoD). Dessen Filmauswahl ist jedoch geringer und weniger aktuell, da die Majors bisher die Werke meist nicht parallel zur DVD-Veröffentlichung freigeben, sondern auf eine spätere Freigabe für den VoD-Stream drängen. Um den Online-VoD-Abruf mit dem Fernseher zu ermöglichen, wird der Google Chromecast Stick empfohlen. Damit ist eine Nachrüstmöglichkeit für fast jeden neueren Fernseher gegeben, der einen USB-Eingang besitzt. Ältere Flachbildschirme haben diese Schnittstelle meist noch nicht. Ein schneller Online-Zugang ist die Grundvoraussetzung für das Streaming von Inhalten.
Abo-Modell schlägt DVD und Einzelabruf.
In Großstädten mit schnellen Internetanschluss macht der rasante Erfolg von NETFLIX und AMAZON Prime nicht nur den Mitbewerbern sondern auch den Kinobesitzern schwer zu schaffen. Deren Vertriebsschiene Subscription VoD (einem Abo-Modell) kommt in Deutschland nämlich umsatzmäßig immer mehr Bedeutung zu. Grund für den Erfolg dürften vor allem die Serien sein, mit denen vor allem NETFLIX von Start weg punkten konnte. Die Marktforscher der GfK zählten demnach inzwischen 4,4 Mio. SVoD-Mitgliedschaften, der Jahresumsatz belief sich auf 228 Mio. Euro. Zum Vergleich: Mit digitalen Einzelausleihen wurde im gleichen Zeitraum nur ein Umsatz von 94 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Mitgliedschaft bei Amazon Prime kostet 49 Euro im Jahr und umfasst neben Videostreaming zahlreiche weitere Benefits wie kostenlosen Premiumversand, Musikstreaming und Kindle-Leihbücherei.
Quellen: ZDNet | Blickpunkt:Film | Golem | Videobuster | GFK | Arte TV | ZDNet
Wir haben kleine Änderungen und Ergänzungen nachträglich in den Text einfließen lassen.
Anders als Konkurrent Netflix hält Amazon am Kinofenster fest. Laut einem Bericht des US-Branchenmagazins "Variety" will der Onlinehändler Spielfilmen in den USA eine 30 bis 90 Tage lange exklusive Kinoauswertung spendieren, ehe die Filme Kunden von Prime Video als Streaming zur Verfügung gestellt werden.
Amazon deckte sich beim Sundance Film Festival mit vier Kinoproduktionen ein, darunter das Drama "Manchester by the Sea", das bei den Kritikern sehr gut ankam und für das Amazon zehn Mio. Dollar auf den Tisch legte.
In dem US-Drama, das von Matt Damon produziert wurde, muss sich der zurückgezogen lebende Hauswart, Lee Chandler, gespielt von Casey Affleck, plötzlich um seinen 16-jährigen Neffen in Boston kümmern, nachdem sein älterer Bruder an einer Herzattacke verstorben ist.
Der Kinostart ist noch unklar, weshalb es noch keinen Trailer gibt, nur ein paar Stellungnahmen vom Red Carpet in Sundance:
Roy Price, Chef von Amazon Studios, hat die Kinopläne des Unternehmens mittlerweile konkretisiert. Demnach will Amazon jährlich zwischen zehn und zwölf Filme in die Kinos bringen. Dabei kommen Produktionen mit einem Budget von jeweils fünf Mio. bis maximal 40 Mio. Dollar in Frage. Interessant ist auch Prices Anmerkung zum angepeilten wirtschaftlichen Erfolg der erworbenen Filme. Schließlich hat kein Film von Kenneth Lonergan, dem Regisseur von "Manchester by the Sea", jemals mehr als zehn Mio. Dollar am US-Boxoffice verdient. Dem E-Commerce-Riesen Amazon dürfte es bei seinem Kinoengagement vor allem darum gehen, den eigenen Lieferservice Prime zu bewerben.
Laut Price will man an die Tradition von Studios wie Paramount Pictures unter Robert Evans in den 1970er Jahren oder Miramax mit "Pulp Fiction" in den 1990er Jahren anknüpfen und ein vergleichbares Qualitätsniveau bei den Filmen erreichen. "Wir wollen mit visionären Filmemachern zusammenarbeiten, die Filme machen, über die man in drei Jahren noch spricht", so Price gegenüber dem Branchenblatt "Variety". "Wir richten unseren Blick nicht auf das Einspielergebnis einzelner Filme", so Price weiter, was zählt sei vielmehr das große Ganze.
Amazons erster Kinofilm, der in Berlin erstmals im Februar auf der Berlinale"Außer Konkurrenz" gezeigt wurde, kam schon im Dezember 2015 mit Spike Lees "Chi-Raq" in ausgewählten US-Kinos auf die Leinwand und ist bei uns bereits als DVD und Blu-ray erhältlich. Hier der Trailer:
CHI-RAQvon teasertrailer
Zu den aktuellen Amazon-Projekten zählen Filme von Whit Stillman, Todd Solondoz und Woody Allen. Über das Budget, das der Internetriese für Filme locker macht, gibt es keine konkreten Zahlen. Analysten schätzen den Etat auf jährlich drei Mrd. Dollar, der für TV-Programme, Musik und Filme ausgegeben wird.
US-Studios wollen aktuelle Kinofilme für 50 Dollar verleihen.
In den USA werden Partnerschaften zwischen VoD-Plattformen und den Kinos inzwischen ernsthaft diskutiert, wie wir am 23. August 2015 in einem ausführlichen Artikel schrieben. Um den Handel mit Raubkopien einzuschränken, hatten einige US-Majors zeitgleich mit einem weltweiten Kinostart auch mit einem gleichzeitigen kostenpflichtigen Online-Streaming experimentiert. Dies rief allerdings heftige Gegenreaktionen bei den Kinobetreibern hervor, die durch die Online-Auswertung nicht nur einen dramatischen Verlust an Einnahmen befürchten, sondern das Kinoevent an sich bedroht sehen. Auch in Europa war die von der EU geplante Abschaffung des Territorialitätsprinzips für VoD-Plattformen bei den deutschen Filmproduzenten bereits auf harte Kritik gestoßen.
Allerdings schnellt speziell im Dezember die Kurve der illegalen Downloads von Filmen deutlich empor. Kurz vor Weihnachten werden nämlich die letzten Muster neuer Filme an jene Jurymitglieder verschickt, die aktuelle Werke nicht sofort im Kino sehen können, aber ihre Stimmabgabe für die Oscars noch rechtzeitig einsenden müssen. Da das Datenleck bisher noch nicht ausfindig gemacht wurde, will man durch einen kostenpflichtigen Online-Start die Filme möglichst weltweit gleichzeitig verfügbar machen, um den Filmpiraten zuvor zu kommen. Bisher fand der US-Kinostart meist nur in wenigen Großstädten wie Los Angeles oder New York statt. Andere Regionen kommen oft erst später zum Zuge, da die Herstellung von Kinokopien bzw. DCP-Kopien auf Festplatten teuer ist, während der Online-Vertrieb nur wenig kostet.
Damit darunter nicht das Kinozeitfenster leidet, sollen die Kinos in Zukunft möglicherweise für einen vorzeitigen VoD-Start nicht nur entschädigt, sondern sogar an den Einnahmen über die Online-Plattform beteiligt werden. Doch die Kinos haben den Vorschlag schon entschieden zurückgewiesen. So sieht die Art House Convergence, ein Zusammenschluss von rund 600 unabhängigen Kinobetreibern, darin eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell sowie eine Begünstigung von Filmpiraterie. Auch die National Association of Theatre Owners (NATO), der mächtige Verband der US-amerikanischen Filmtheaterbetreiber, lehnt das Modell klar ab. Ähnlich kritisch äußerte sich nun auch der europäische Cinema-Dachverband UNIC.
Steven Spielberg befürwortet die Plattform »The Screening Room«.
Dennoch verhandeln Hollywood-Studios und Distributionsfirmen derzeit mit dem neuen Angebot namens »The Screening Room« über eine Partnerschaft. Wie Variety berichtete, soll es auch für Heimanwendern Zugriff auf aktuelle Kinofilme geben – und zwar vom ersten Tag an. Die Ausleihe würde allerdings ca. 50 Dollar für einen Film kosten. Für gut betuchte Herrschaften mit eigenem Heimkino wäre dies wahrscheinlich nicht zu teuer. Für Familien mit mehr als zwei Kindern, käme ein Kinobesuch sicherlich nicht billiger. Der durchschnittliche US-Kinokarte Preis lag im Jahre 2010 noch bei $ 7,89 für eine Person pro Film. Mittlerweile werden wie bei uns zum Teil mehr als $ 10 verlangt. Hinzu kommen Aufschläge für Logenplätze, Überlängen, 3D-Features sowie Parkgebühren und das obligatorische Popcorn mit zusätzlichen Getränkepreisen für Bier oder Coca Cola.
Der Preis von 50 Dollar pro Film für die Online-Ausleihe bezieht sich auf einen Zeitrahmen von 48 Stunden, wie er heute auch bei anderen Streaming-Anbietern wie Maxdome, iTunes und Google Play Movies üblich ist. Zudem bekommt der Ausleiher laut Variety für diese Summe auch noch zusätzlich zwei Kinokarten gratis, um den Film evtl. noch einmal in einem Kino auf der großen Leinwand sehen zu können. Für das Heimkino muss allerdings für eine schnelle Internetanbindung mit zusätzlichen monatlichen Kosten gerechnet werden (sofern nicht vorhanden) sowie für eine von »The Screening Room« angebotene Settop-Box, die ca. einmalig 150 Dollar kosten wird. Diese Preise sind mit den Preisen der DSL-Anschlussgebühren bei uns sowie den Preise einer Sky-Settop-Box oder anderer Anbieter vergleichbar.
Die Start-up-Plattform »The Screening Room« wird unter anderem von Sean Parker gefördert, einem der Napster-Gründer und früheren Facebook-President. Dem Bericht zufolge fordert es eine exklusive Partnerschaft. Im Gegenzug bezieht es große Kinoketten ein, die unter einem solchen Vertriebsabkommen sonst am meisten zu leiden hätten: Von den 50 Dollar Leihgebühr sollen ihnen bis zu 20 Dollar überwiesen werden.
»The Screening Room« soll zudem über weitere hervorragende Branchenkontakte verfügen: Hauptinvestor Parker hat laut Variety den früheren Distributionsleiter von Sony Pictures, Jeff Blake, als Berater gewonnen. Und CEO ist Prem Akkaraju, früher für SFX Entertainment und InterMedia Partners, JP Morgan Entertainment Partners und die Sanctuary Music Group tätig.
Die Gespräche sind dem Bericht zufolge noch in einem frühen Stadium. Allerdings heißt es auch, The Screening Room stehe kurz vor einem Abschluss mit der größten amerikanischen Kinokette AMC. Auch Steven Spielberg, J.J. Abrams und Peter Jackson sehen in der Plattform eine Möglichkeit für Wachstum und Diversifikation im Filmvertrieb, während James Cameron, Christopher Nolan und Jon Landau das Modell ablehnen. Eine ähnliche Geschäftsidee hat kurz zuvor auch Prima Cinema verkündet, die mit Universal Pictures und der IMAX Corporation zusammenarbeiten wollen, um aktuelle Hollywood Filme direkt nach Hause ins Heimkino zu bringen.
NACHTRAG:
Wild Bunch propagiert e-Plattform in Frankreich.
Wie heute Abend auf ARTE verkündet wurde, will das führende europäische Independent-Filmverleih- und Produktionsunternehmen, WILD BUNCH, vor allem in Frankreich verstärkt auf e-Commerz setzen. Wenn die Besucher nicht mehr gewillt sind, in kleine überfüllte Kinos zu gehen, in denen vornehmlich die Arthouse-Werke der letzten Festspiele von Cannes oder Venedig laufen, so muss man die Filme eben über eigene oder andere VoD-Plattformen nach Hause zu den Zuschauern liefern, hieß es in den aktuellen Nachrichten. Für einen Preis von 6,99 Euro sollen Filme wie z.B. "The End" von Guillaume Nicloux exklusiv und ausschließlich im Online-Vertrieb zu sehen sein und zukünftig gar nicht mehr in den Kinos anlaufen.
In dem brandaktuellen Film spielt Gerard Depardieu eine Paraderolle. Er wird von Albträumen geplagt. Für uns eine der eindrucksvollsten Premieren der letzten Berlinale und vielleicht sogar die beste Rolle des übergewichtigen Schauspielers der letzten Jahre. Hier der Trailer:
Mit dem neuen Geschäftsmodell von Wild Bunch, das auch für andere Anbieter zur Verfügung stehen könnte, soll auf diesem Wege auf außergewöhnliche Independent Filmkunst aufmerksam gemacht werden, die in den Multiplex-Kinos unterzugehen droht. "The End" war auf der 66.Berlinale in der Sektion Forum als Weltpremiere gezeigt worden und soll ab 8. April 2016 offiziell im sogenannten e-CINÉMA in Frankreich auf einem speziell gesicherten YouTube-Kanal anlaufen, womit über 80% der französischen Haushalte erreicht werden können. Erst acht bis zwölf Wochen später ständen die Werke auch anderen VoD-Plattformen zur Verfügung und können dann auch als DVD verkauft werden.
Mindestens einmal im Monat sollen zukünftig weitere Werke folgen, die nicht in den Kinos gezeigt werden. Aktuelle Filme können dann für ca. sechs Wochen direkt in die Wohnzimmer gestreamt werden, während die Filme in den Kinos meist schon nach zwei bis drei Wochen verschwunden sind. Der Kinomarkt kann das Überangebot an Filmen nicht mehr aufnehmen, weshalb man neue Vertriebsformen wählt, heißt es bei dem Distributor.
Eine Ausleihe ganz aktueller Filme gibt es derzeit bei uns nicht. Das Kinozeitfenster verbietet dies. Meist sind die Filme jedoch schon nach drei Monaten in den Videotheken erhältlich und zunehmend auch gleichzeitig online abrufbar wie derzeit Sam Mendes‘ James-Bond-Film "Spectre" bei Maxdome. Der US-Kinostart von "Spectre" war schon Anfang November, und Anfang Dezember 2015 lief der letzte Bond-Film dann auch in deutschen Kinos. Hier der Trailer:
Der Online-Stream eines drei bis sechs Monaten alten Films kostet typischerweise ab 3,99 Euro für 48 Stunden in SD-Qualität und ca. 4,99 Euro in HD-Qualität. Die Filme sind damit beispielsweise über Maxdome, Videoload oder Videobuster etwas teurer, als die Ausleihe in einer gut ausgestatteten Videothek. Dort müssen die Kunden pro Geschäftstag manchmal nur einen Euro pro DVD zahlen. Wird der Film jedoch erst nach Mitternacht zurückgegeben wird die gleiche Summe nochmals fällig. Trotz oder wegen der günstigen Preise müssen die Videotheken aber oft ums Überleben kämpfen und geraten immer häufiger in Insolvenz. Viele mussten ihre Läden schon schließen. Durch Expansion von Rostock bis nach Dresden und Leipzig hat sich die VideoWorld-Kette aus Berlin jedoch gut behaupten können.
Im Gegensatz zu VideoWorld beruhte das Geschäftsmodell von Videobuster bisher auf einem Abo-Modell, das wie bei Amazon's Love Film funktioniert. Beide Firmen verleihen Filme und Serien monatlich auf DVD und Blu-ray per Post. Ab sofort gibt jedoch bei Videobuster den neuen Videobuster aLaCarte-Verleih ab 2,49 € für den kein Abo mehr erforderlich ist. Pro Briefsendung erhalten Sie wahlweise ein oder zwei Discs. Zeitgleich können sogar 2 Bestellungen aufgegeben werden, die insgesamt bis zu 4 Titel (Discs) beinhalten.
Laut Videobuster ist der Versand physischer Medien vor allem in den ländlichen Regionen, wo der schnelle Online Anschluss immer noch mit Kapazitätsproblemen kämpfen muss, dem Download vorzuziehen. Zudem bietet die Blu-ray Disc die bessere Qualität und ist auch deutlich länger lieferbar als der Online-Stream, der oft nach einem Jahr bei allen Anbietern gar nicht mehr zur Verfügung steht, oder ggf. nur noch als Kaufoption zu einem höheren Preis.
Videobuster bewirbt dennoch neben dem DVD- und Blu-ray-Vertrieb zunehmend auch Video on Demand (VoD). Dessen Filmauswahl ist jedoch geringer und weniger aktuell, da die Majors bisher die Werke meist nicht parallel zur DVD-Veröffentlichung freigeben, sondern auf eine spätere Freigabe für den VoD-Stream drängen. Um den Online-VoD-Abruf mit dem Fernseher zu ermöglichen, wird der Google Chromecast Stick empfohlen. Damit ist eine Nachrüstmöglichkeit für fast jeden neueren Fernseher gegeben, der einen USB-Eingang besitzt. Ältere Flachbildschirme haben diese Schnittstelle meist noch nicht. Ein schneller Online-Zugang ist die Grundvoraussetzung für das Streaming von Inhalten.
Abo-Modell schlägt DVD und Einzelabruf.
In Großstädten mit schnellen Internetanschluss macht der rasante Erfolg von NETFLIX und AMAZON Prime nicht nur den Mitbewerbern sondern auch den Kinobesitzern schwer zu schaffen. Deren Vertriebsschiene Subscription VoD (einem Abo-Modell) kommt in Deutschland nämlich umsatzmäßig immer mehr Bedeutung zu. Grund für den Erfolg dürften vor allem die Serien sein, mit denen vor allem NETFLIX von Start weg punkten konnte. Die Marktforscher der GfK zählten demnach inzwischen 4,4 Mio. SVoD-Mitgliedschaften, der Jahresumsatz belief sich auf 228 Mio. Euro. Zum Vergleich: Mit digitalen Einzelausleihen wurde im gleichen Zeitraum nur ein Umsatz von 94 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Mitgliedschaft bei Amazon Prime kostet 49 Euro im Jahr und umfasst neben Videostreaming zahlreiche weitere Benefits wie kostenlosen Premiumversand, Musikstreaming und Kindle-Leihbücherei.
Quellen: ZDNet | Blickpunkt:Film | Golem | Videobuster | GFK | Arte TV | ZDNet
Wir haben kleine Änderungen und Ergänzungen nachträglich in den Text einfließen lassen.