Klassische Filmstudios versuchen mit Megadeals ihre Position am Markt gegenüber Netflix & Co. zu behaupten.
Vorbehaltlich kartellrechtlicher Genehmigung wird das Filmstudio Walt Disney Pictures aus Rupert Murdochs Imperium das Filmstudio von 21st Century Fox für über 52 Milliarden Dollar übernehmen. Neben dem Filmstudio gehören dazu auch die 20th Century Fox Television, die Kabelsender FX und National Geographic sowie Anteile der internationalen Sender Star TV und den 39-prozentigen Anteil am britischen Pay-TV-Kanal Sky.
Mit der von Disney-CEO Robert Iger eingeleiteten Übernahme erwirbt das Filmstudio auch die 30-prozentigen Hulu-Anteile, die Fox innehatte, womit der Major bei mehrheitlichen Entscheidungen über das Streaming- und Videoportal Hulu quasi ein Vetorecht ausüben kann.
Mit der Transaktion, in der allerdings 13,7 Mrd. Dollar Schulden der 21st Century Fox eingeschlossen sind, die Disney jedoch bereit ist zu übernehmen, kommt das Studio seinem Ziel näher, in allen Bereichen des Entertainments die Führung zu erlangen. Deshalb hat Disney inzwischen auch die Kooperation mit Netflix aufgekündigt und plant eine eigene Online-Vermarktung seiner Produktionen zu etablieren. Die Beteiligung an Hulu könnte dabei förderlich sein.
"Die Akquise dieser brillanten Sammlungen an Unternehmen der 21st Century Fox reflektiert das steigende Bedürfnis der Konsumenten nach einem reichhaltigen Angebot an Unterhaltungsformaten, die unwiderstehlich, leicht zugänglich und zweckmäßig wie nie zuvor sein müssen", so Disney-CEO Robert Iger nach der Bekanntgabe am 14.12.2017. "Wir fühlen uns sehr geehrt, dass uns Rupert Murdoch seine jahrelang aufgebauten Unternehmensbereiche anvertraut."
Bislang war der inzwischen 86-jährige Medienzar Rupert Murdoch immer nur als Käufer aufgetreten. Erst im Sommer hatte der Medienmogul einen weiteren Anlauf übernommen, um Time Warner wie auch die dazugehörigen Nachrichtensender CNN, HBO sowie die Warner Bros. Filmstudios erwerben. Nun folgt die Kehrtwendung und das Ende eines der sechs großen Filmstudios in Hollywood könnte bevorstehen. 102 Jahre existiert die von William Fox 1915 gegründete Fox Film Corporation schon, die Rupert Murdoch seit Mitte der Achtzigerjahre mit seiner News Corp. besaß. Interesse an einer Übernahme von 20th Century Fox hatte auch Comcast angemeldet, sich letztendlich aber anders entschieden.
Nach dem gescheiterten Deal um die Warner Bros. Studios wollte Rupert Murdoch sein Imperium entschlacken und hat diverse geheime Verhandlungen geführt, um seinen Konzern auf die Kernelemente Sport der Kabelsender FS1 und FS2 sowie auf News um Fox Broadcasting Co. und Fox News zu konzentrieren, dessen Inhalte auch über den Pay-TV-Kanal und Satellitensender Sky verbreitet werden.
Bereits 2014 plante der US-Staatsbürger und gebürtige Australier Rupert Murdoch, dem schon damals große Teile der britischen Sendergruppe BSkyB gehörten, ein europaweites Netzwerkes von Pay-TV-Angeboten aufzubauen. Um sein Ziel zu erreichen, entschloss er sich, den Bezahlsender Sky Deutschland sowie Sky Italia vom bisherigen Mehrheitseigner 21st Century Fox zu übernehmen, um dadurch seine Bezahlsender in Europa enger verzahnen zu können. Seinerzeit wurden sowohl BSkyB als auch 21st Century Fox von Murdoch kontrolliert. 21st Century Fox gehörte als Dachgesellschaft zu Murdochs Imperium und bündelte dessen TV- und Filmaktivitäten.
Wie Murdoch jedoch ohne Anteile an 21st Century Fox zukünftig seinen inzwischen überall in Sky umbenannten Pay-TV-Sender mit Spielfilmen füttern will, bleibt offen. Angeblich ist aber für Rupert Murdochs Sohn James ein Wechsel zu Disney vorgesehen, möglicherweise als Chef der TV-Sparte.
Ob die Kartellwächter den Zusammenschluss von Disney und Fox in der geplanten Form erlauben, ist noch nicht klar. Die beiden Studios haben nämlich zusammen im vergangenen Jahr rund 40 Prozent aller Kinotickets in den Vereinigten Staaten verkauft, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Angeboten. Zu Disney Pictures gehören Marvel, Lucasfilm und Pixar sowie zahlreiche Realverfilmungen von Disneys klassischen Trickfilmen und 3D-Animationen. Mit Fox kommen auf einen Schlag Kronjuwelen wie "Avatar" und "X-Men" hinzu.
Analysten gehen davon aus, dass selbst nach der verkündeten Vereinbarung und der behördlichen Genehmigung mindestens ein Jahr ins Land ziehen wird, um die Akquise abzuschließen. Dann würden Disney/Fox mit Warner Bros., Paramount Pictures und Sony Pictures zu denen auch Columbia/Tristar gehören, wohl zukünftig am Box Office gleichauf liegen.
Aktuell gehen die Kartellwächter allerdings erst einmal gegen die Übernahme von Time Warner durch AT&T vor und beobachten kritisch die Entwicklung des Medienmarktes. Mit dem Disney Deal ist aber inzwischen eine neue Situation entstanden, sodass eher darüber spekuliert wird, ob Warner Bros. möglicherweise an Paramount interessiert sein könnte, um im Poker um die Vorherrschaft aufschließen zu können, denn Disneys milliardenschwerer Megadeal dürfte als größte Umwälzung in Hollywoods Annalen eingehen.
Vor drei Jahren hatten noch Paramount und Universal eine Kooperation über den gemeinsamen Vertrieb von Blu-ray Discs & DVDs vereinbart, wozu auch ein exklusives weltweites Vertriebsabkommen mit der auf Zeichentrickfilme spezialisierten Aktiengesellschaft DreamWorks Animation gehörte. Doch der Absatz dieser Medien geht zugunsten des Online-Streaming stetig zurück. Stattdessen haben Google, Apple, Amazon, YouTube und Netflix mit ihren Online-Streams und Serienaktivitäten der Filmbranche das Fürchten gelehrt. Jetzt holt Hollywood zum Gegenschlag aus, um den neuen Medien-Konkurrenten die Stirn bieten zu können.
Quellen:
FAZ | Moviejones | NTV | Area DVD | Blickpunkt:Film | filmecho