FFG - Filmförderungsgesetz: Neue Finanzierungsmodelle könnten den Markt grundsätzlich verändern.
Das deutsche Filmförderungsgesetz (FFG) ist die Rechtsgrundlage für die Einrichtung der Filmförderungsanstalt (FFA). Unter Anderem legt es die Aufgaben sowie den institutionellen Aufbau der Filmförderungsanstalt fest, enthält Regelungen über Voraussetzungen und Verfahren der Förderungsvergabe und ist Rechtsgrundlage für die Erhebung der Filmabgabe.
Wir haben zu lange nur an Stellschräubchen gedreht, stellte Dr. Andreas Görgen, oberster Beamter in der BKM-Behörde von Claudia Roth (Staatsministerin für Kultur und Medien) gestern, den 6. Juli 2022, nach dem Fachgespräch zur Filmförderung im Bundestagskulturausschuss fest.
Er versprach, dass sich die Regierung in den kommenden Monaten den gesamten audiovisuellen Markt ansehen werde, der sich vom Kino als exklusivem Anbieter entkoppelt habe. Das Leinwanderlebnis will er auch künftig nicht missen. Damit die Filme auch in Zukunft weiterhin zum Zuschauer kommen, brauche es dringend Verbesserung in der Förderung der Verwertung und Distribution. Die deutschen Verleiher und Kinobesitzer werden es mit Freude hören.
Netflix, Amazon & Co. endlich zu Investitionen in heimischen Content verpflichten!
Der Ausschuss ließ sich zwei Studien präsentieren, die das FFG und die Kulturelle Förderung des Bundes ergänzen könnten. Dr. Klaus Goldhammer stellte ein Gutachten zur Plattformökonomie vor, dass er mit seinen Mitarbeitern im Auftrag der FFA erstellt hat. Sie untersuchten mögliche Auswirkung der Umsetzung der AVMD-Richtlinie der EU auf den deutschen Produktionsmarkt. Sie ermöglicht, Streaminganbieter zu verpflichten, einen Prozentsatz ihrer Umsätze in den Territorien zu reinvestieren, in dem sie gemacht werden. In Frankreich und Spanien wird die Richtlinie bereits erfolgreich umgesetzt.
Deutsche Zuschauer sorgen für 3,8% der Umsätze bei den Streamern. Jedoch an Investitionen in Produktionen fließen derzeit nur 0,5% der Summe zurück in den Markt. Wären es 25% der Umsätze, ständen zusätzlich 270 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung. Ohne eine Verpflichtung, so Goldhammer auf Nachfrage der Abgeordneten, würde sich die Marktasymmetrie sogar ausweiten, das heißt die Umsätze auf Grund des Nutzerzuwachses steigen schneller als die Investitionen ins heimische Produkt.
Steuerabschreibungsmodell statt DFFF und GMPF.
Dr. Wolf Osthof hat im Auftrag des BITCOM e.V. (Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche) erneut die Vorzüge eines pauschalen Steueranreizmodells für die Filmwirtschaft untersucht und kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie seit Jahren vorliegende Studien.
Untersucht hat er die Steueranreizsysteme in GB, Ungarn und Spanien, die gegenüber dem Deutscher Filmförderfonds (DFFF) für Kinoproduktionen und German Motion Picture Fonds (GMPF) für Serien erhebliche Wettbewerbsvorteile in Punkto Planbarkeit und Verlässlichkeit haben.
In zwei Szenarien wurde der Effekt auf das Produktionsvolumen aller deutscher Filme vom Dokfilm bis zur Hochglanzserie untersucht, die auf allen bekannten Wegen ausgewertet werden können: Um 600.000 bis zu 1,4 Mrd. Euro könne das Volumen steigen, 15.000 Arbeitsplätze könnten zusätzlich entstehen. Das Modell könne auch ein Baustein sein, den Fachkräftemangel zu beseitigen, da die Branche durch die Sicherung kontinuierliche Aufträge attraktiver werde.
Auch die Zwischenfinanzierung werde für die Produzenten leichter, wenn die Banken wissen, dass und wann Fördergeld fließt. Nach der Anschubfinanzierung trage sich das Modell zudem selbst durch die Effekte. Vor allem hält er das Steueranreizmodell auch für juristisch umsetzbar – die von Görgens Vorgänger aufgebaute Hürde, dass alle Bundesländer zustimmen müssten, scheint vom Tisch.
FFG auf neue Füße stellen.
Prof. Martin Hagemann plädierte für die Investitionsverpflichtung als Stärkung des Standorts. Die Einführung der beiden neuen Modelle müsste gemeinsam mit dem Filmförderungsgesetz diskutiert werden, das in seiner jetzigen Form überholt sei. Denkbar sei zum Beispiel auch, wie in Frankreich mit Mitteln aus der Investitionsverpflichtung, den einheimischen Kinofilm zu stärken.
Bei ihm war die Angst unüberhörbar, dass der Arthouse-Kinofilm und sein Abspielort unter die Räder geraten. Auch die Länder müssten bei den Beratungen mit an den von ihm vorgeschlagenen großen runden Tisch kommen, damit der bürokratische Förderdschungel durch neue Instrumentarien nicht noch mehr aufgebläht werde.
Die Stoßrichtung scheint nach der Anhörung klar. Neue Nutzer von audiovisuellen Inhalten sollen bei der Finanzierung der deutschen Branche herangezogen werden, unabhängig von der Novellierung des FFG kann es schnell in Gesetzesform gegossen werden. Ein Steueranreizmodell, wie es gerade Österreich eingeführt hat, schafft Sicherheit und Planbarkeit, es könnte DFFF und GMPF ablösen. Als Nebeneffekt verliert das Fernsehen, das über das FFG einen viel zu hohen Einfluss auf die deutsche Kinofilmproduktion hat, seinen Einfluss auf die Entscheidung, welches Projekt grünes Licht erhält. Der Förderschwerpunkt des FFG könnte deutlich in Richtung Distribution verschoben werden, während die kulturelle Filmförderung in Bund und Ländern bestehen bleibt.
Von unserer Korrespondentin Katharina Dockhorn aus dem Deutschen Bundestag.
Das deutsche Filmförderungsgesetz (FFG) ist die Rechtsgrundlage für die Einrichtung der Filmförderungsanstalt (FFA). Unter Anderem legt es die Aufgaben sowie den institutionellen Aufbau der Filmförderungsanstalt fest, enthält Regelungen über Voraussetzungen und Verfahren der Förderungsvergabe und ist Rechtsgrundlage für die Erhebung der Filmabgabe.
Wir haben zu lange nur an Stellschräubchen gedreht, stellte Dr. Andreas Görgen, oberster Beamter in der BKM-Behörde von Claudia Roth (Staatsministerin für Kultur und Medien) gestern, den 6. Juli 2022, nach dem Fachgespräch zur Filmförderung im Bundestagskulturausschuss fest.
Er versprach, dass sich die Regierung in den kommenden Monaten den gesamten audiovisuellen Markt ansehen werde, der sich vom Kino als exklusivem Anbieter entkoppelt habe. Das Leinwanderlebnis will er auch künftig nicht missen. Damit die Filme auch in Zukunft weiterhin zum Zuschauer kommen, brauche es dringend Verbesserung in der Förderung der Verwertung und Distribution. Die deutschen Verleiher und Kinobesitzer werden es mit Freude hören.
Netflix, Amazon & Co. endlich zu Investitionen in heimischen Content verpflichten!
Der Ausschuss ließ sich zwei Studien präsentieren, die das FFG und die Kulturelle Förderung des Bundes ergänzen könnten. Dr. Klaus Goldhammer stellte ein Gutachten zur Plattformökonomie vor, dass er mit seinen Mitarbeitern im Auftrag der FFA erstellt hat. Sie untersuchten mögliche Auswirkung der Umsetzung der AVMD-Richtlinie der EU auf den deutschen Produktionsmarkt. Sie ermöglicht, Streaminganbieter zu verpflichten, einen Prozentsatz ihrer Umsätze in den Territorien zu reinvestieren, in dem sie gemacht werden. In Frankreich und Spanien wird die Richtlinie bereits erfolgreich umgesetzt.
Deutsche Zuschauer sorgen für 3,8% der Umsätze bei den Streamern. Jedoch an Investitionen in Produktionen fließen derzeit nur 0,5% der Summe zurück in den Markt. Wären es 25% der Umsätze, ständen zusätzlich 270 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung. Ohne eine Verpflichtung, so Goldhammer auf Nachfrage der Abgeordneten, würde sich die Marktasymmetrie sogar ausweiten, das heißt die Umsätze auf Grund des Nutzerzuwachses steigen schneller als die Investitionen ins heimische Produkt.
Steuerabschreibungsmodell statt DFFF und GMPF.
Dr. Wolf Osthof hat im Auftrag des BITCOM e.V. (Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche) erneut die Vorzüge eines pauschalen Steueranreizmodells für die Filmwirtschaft untersucht und kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie seit Jahren vorliegende Studien.
Untersucht hat er die Steueranreizsysteme in GB, Ungarn und Spanien, die gegenüber dem Deutscher Filmförderfonds (DFFF) für Kinoproduktionen und German Motion Picture Fonds (GMPF) für Serien erhebliche Wettbewerbsvorteile in Punkto Planbarkeit und Verlässlichkeit haben.
In zwei Szenarien wurde der Effekt auf das Produktionsvolumen aller deutscher Filme vom Dokfilm bis zur Hochglanzserie untersucht, die auf allen bekannten Wegen ausgewertet werden können: Um 600.000 bis zu 1,4 Mrd. Euro könne das Volumen steigen, 15.000 Arbeitsplätze könnten zusätzlich entstehen. Das Modell könne auch ein Baustein sein, den Fachkräftemangel zu beseitigen, da die Branche durch die Sicherung kontinuierliche Aufträge attraktiver werde.
Auch die Zwischenfinanzierung werde für die Produzenten leichter, wenn die Banken wissen, dass und wann Fördergeld fließt. Nach der Anschubfinanzierung trage sich das Modell zudem selbst durch die Effekte. Vor allem hält er das Steueranreizmodell auch für juristisch umsetzbar – die von Görgens Vorgänger aufgebaute Hürde, dass alle Bundesländer zustimmen müssten, scheint vom Tisch.
FFG auf neue Füße stellen.
Prof. Martin Hagemann plädierte für die Investitionsverpflichtung als Stärkung des Standorts. Die Einführung der beiden neuen Modelle müsste gemeinsam mit dem Filmförderungsgesetz diskutiert werden, das in seiner jetzigen Form überholt sei. Denkbar sei zum Beispiel auch, wie in Frankreich mit Mitteln aus der Investitionsverpflichtung, den einheimischen Kinofilm zu stärken.
Bei ihm war die Angst unüberhörbar, dass der Arthouse-Kinofilm und sein Abspielort unter die Räder geraten. Auch die Länder müssten bei den Beratungen mit an den von ihm vorgeschlagenen großen runden Tisch kommen, damit der bürokratische Förderdschungel durch neue Instrumentarien nicht noch mehr aufgebläht werde.
Die Stoßrichtung scheint nach der Anhörung klar. Neue Nutzer von audiovisuellen Inhalten sollen bei der Finanzierung der deutschen Branche herangezogen werden, unabhängig von der Novellierung des FFG kann es schnell in Gesetzesform gegossen werden. Ein Steueranreizmodell, wie es gerade Österreich eingeführt hat, schafft Sicherheit und Planbarkeit, es könnte DFFF und GMPF ablösen. Als Nebeneffekt verliert das Fernsehen, das über das FFG einen viel zu hohen Einfluss auf die deutsche Kinofilmproduktion hat, seinen Einfluss auf die Entscheidung, welches Projekt grünes Licht erhält. Der Förderschwerpunkt des FFG könnte deutlich in Richtung Distribution verschoben werden, während die kulturelle Filmförderung in Bund und Ländern bestehen bleibt.
Von unserer Korrespondentin Katharina Dockhorn aus dem Deutschen Bundestag.