Kulturstaatsministerin Claudia Roth will das Filmfestival künftig nur noch von einer Person leiten lassen, weil das bisherige Führungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek nach der Berlinale 2024 aufhört.
Neue Berlinale Leitung für 2025
Für die Nachfolge des bisherigen Führungsduos aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek war eine Kommission unter dem Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf der Suche nach einer geeigneten Person. Eigentlich hatte man gehofft, Carlo Chatrian als künstlerischen Leiter weiter agieren zu lassen. Dieser sah jedoch einen Afront darin, eine neue Leitung vor die Nase gesetzt zu bekommen und verlängerte seinen Vertrag nicht.
Zuletzt hatte Chatrian mit insgesamt fünf deutschen Wettbewerbsbeiträgen auf der diesjährigen 73. Berlinale, mehr deutsche Filme in Competition um die Goldenen Bären und Silbernen Bären ausgewählt als je eine andere Führungskraft der Berlinale zuvor. Dass allerdings dafür US-Filme in deutlicher Minderheit waren, obwohl die US-Filmwirtschaft nicht nur durch Streiks kriselte, wurde ihm leider persönlich angekreidet. Chatrian hatte daraufhin Konsequenzen gezogen.
Am gestrigen Dienstag, den 12. Dezember 2023, hat Claudia Roth nun bekannt gegeben, wer die Berlinale zukünftig leiten wird. Es ist die US-Amerikanerin und frühere Chefin des London Film Festivals, Tricia Tuttle. Mit ihr gibt es jetzt nur noch eine „Intendanz“, die an das Ein-Personen-Modell anknüpft, das für die Berlinale bis 2019 typisch war.
Sie steht künftig also allein an der Spitze der Berlinale und soll die Internationalen Filmfestspiele Berlin im April 2024 für die 75. Ausgabe 2025 übernehmen.
Die 53 Jahre alte Tuttle ist laut Roth seit 25 Jahren im Filmfestival-Geschäft. Ihre Aufgabe wird sein, die Internationalen Filmfestspiele Berlin zu modernisieren, die Zukunft der Berlinale zu sichern und ihre Rolle in der Liga der A-Filmfestivals zu stärken, wie Roth erklärte. Tuttle kennt sich mit Publikumsfestivals aus, betreute das Programm eines LGBTQI+-Festivals in London und will dem Kino neue Zuschauer zuführen.
Unter Tuttles Leitung haben das BFI London Film Festival und das BFI Flare Festival nicht nur einen Publikumszuwachs verzeichnet, sondern auch international an Profil und Bedeutung gewonnen, sagte Roth:
Tricia Tuttle stammt aus North Carolina, wo sie den Angaben zufolge ihre Karriere als Gitarristin der Band "June" begann. Sie hat einen Master in Film Studies des British Film Institute und der Birkbeck University und einen Bachelor of Arts in Literatur-, Radio-, Fernseh- und Kinowissenschaft.
Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen A-Filmfestivals. Allerdings wurde bereits zur nächsten Ausgabe, die vom 15. - 25. Februar 2024 geplant ist, das Geld gekürzt, sodass weniger Sektionen zur Verfügung stehen und insgesamt auch deutlich weniger Filme gezeigt werden können als früher unter der Leitung von Dieter Kosslick.
Darüber hinaus ist die Lage der am Potsdamer Platz zur Verfügung stehenden Vorführstätten desaströs. Wegen der Pandemie wurde die Anzahl der Sitzplätze im CinemaxX halbiert und stehen während der Berlinale nur noch Fachbesuchern und der Presse zur Verfügung. Darüber hinaus wurde sowohl das CineStar als auch das IMAX im ehemaligen Sony Center geschlossen, sodass bis 2025 dort kein einziges Kino mehr existieren wird. Auch das Arsenal-Kino am Potsdamer Platz muss ausziehen und kann dann nur noch im Wedding im Silent-Green-Quartier, dem Archiv des Arsenals, seine Filme zeigen.
Übrig bleibt einzig der Berlinale Palast am Marlene-Dietrich-Platz sowohl für das Berliner Publikum als auch für geladene Gäste. Der Neubau, der nach der Wende entstanden ist, wurde allerdings vorwiegend als Theater konzipiert und gewährleistet - im Gegensatz zu modernen Kinos mit einem steil ansteigenden Zuschauerraum - deshalb von vielen Sitzplätzen, insbesondere von den zwei oberen Rängen, keine optimale Sicht auf die Leinwand.
Zuletzt wurden Filmvorführungen der Berlinale sogar notdürftig in die Verti-Music-Hall auf billigen, harten Klappstühlen ausgelagert, die vom Centrum des Berlinale-Geschehens ziemlich weit entfernt am Mercedes-Benz-Platz in Friedrichshain liegt.
Für langjährige Berlin-Kenner, die die Ursprünge der Berlinale noch am Kurfürstendamm im Haus Wien und später am Zoo-Palast erleben konnten, ein trauriger Abstieg für ein Festival dieses hohen Ranges, das nach Cannes und Venedig als das drittwichtigste Festival der Welt gilt.
Für Tricia Tuttle dürfte die Berlinale eine große Herausforderung werden, denn das Londoner Film Festival, das Tuttle in den letzten fünf Jahren geleitet hat, hat eher lokale Bedeutung, weil es keinen internationalen Wettbewerb gibt, auch wenn sich dort ab und zu Hollywoodprominenz hat blicken lassen. Mit ihrer Erfahrung der Programmierung des schwul-lesbischen BFI Flair Festivals, wird sie zumindest den Teddy-Award der Panorama-Sektion nach dem Weggang von Wieland Speck fortführen wollen, weil sie damit auch auf den ihr gut bekannten queeren Schwerpunkt der Berlinale trifft.
Ob dies allein reicht, die Berlinale im Ranking der A-Festivals an dritter Stelle zu halten, könnte schwierig werden. Durch die in den März verschobene OSCAR®-Verleihung dürften der Berlinale im Februar auch in Zukunft eher mittelmäßige neue Werke aus den USA zur Verfügung stehen. Das war vor der Pandemie noch umgekehrt und ergab mehr Sinn. Man könnte auch sagen, Berlin bleibt mit vielleicht noch mehr queeren Werken "arm aber sexy", um den Ex-Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zu zitieren.
Carlo Chatrian hatte vor seinem Einstieg bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin fünf Jahre lang das weltweit bekannte A-Filmfestival in Locarno in der italienischen Schweiz am Lago Maggiore geleitet, welches ebenso wie die Berlinale über einen renommierten, internationalen Wettbewerb verfügt.
Tricia Tuttle lebt dagegen seit langem nicht mehr in den USA, sondern in London, das trotz seiner Bedeutung in der Filmwelt nichts Vergleichbares zu anderen A-Festivals zu bieten hat. Die Kontakte nach Hollywood und vor allem auch zur immer wichtiger werdenden lateinamerikanischen sowie osteuropäischen, asiatischen oder afrikanischen Filmszene wird sie sich wohl erst von Berlin aus mühsam erarbeiten müssen.
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Lupita Nyong'o leitet 74. Berlinale-Jury
Die kenianische Schauspielerin Lupita Nyong'o leitet die diesjährige Jury des Berlinale-Hauptwettbewerbs, wie die Pressestelle der Internationalen Filmfestspiele Berlin bereits am Montag bekannt gab.
Die 40-jährige Oscar-Preisträgerin ist aus "12 Years a Slave" und den "Black Panther"-Filmen bekannt. Sie arbeitet auch als Regisseurin, Produzentin und Autorin.
Die 74. Berlinale, letztmalig unter der Leitung des Führungsduos aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, findet vom 15. - 25. Februar 2024 mit den Sektionen Forum, Panorama, Generation, Retrospektive und Encounters neben dem Hauptwettbewerb statt. Filmreihen wie die "Perspektive Deutsches Kino" und "Berlinale Series" wird es aus finanziellen Gründen nicht mehr geben.
Link: www.berlinale.de
Neue Berlinale Leitung für 2025
Für die Nachfolge des bisherigen Führungsduos aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek war eine Kommission unter dem Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf der Suche nach einer geeigneten Person. Eigentlich hatte man gehofft, Carlo Chatrian als künstlerischen Leiter weiter agieren zu lassen. Dieser sah jedoch einen Afront darin, eine neue Leitung vor die Nase gesetzt zu bekommen und verlängerte seinen Vertrag nicht.
Zuletzt hatte Chatrian mit insgesamt fünf deutschen Wettbewerbsbeiträgen auf der diesjährigen 73. Berlinale, mehr deutsche Filme in Competition um die Goldenen Bären und Silbernen Bären ausgewählt als je eine andere Führungskraft der Berlinale zuvor. Dass allerdings dafür US-Filme in deutlicher Minderheit waren, obwohl die US-Filmwirtschaft nicht nur durch Streiks kriselte, wurde ihm leider persönlich angekreidet. Chatrian hatte daraufhin Konsequenzen gezogen.
Am gestrigen Dienstag, den 12. Dezember 2023, hat Claudia Roth nun bekannt gegeben, wer die Berlinale zukünftig leiten wird. Es ist die US-Amerikanerin und frühere Chefin des London Film Festivals, Tricia Tuttle. Mit ihr gibt es jetzt nur noch eine „Intendanz“, die an das Ein-Personen-Modell anknüpft, das für die Berlinale bis 2019 typisch war.
Sie steht künftig also allein an der Spitze der Berlinale und soll die Internationalen Filmfestspiele Berlin im April 2024 für die 75. Ausgabe 2025 übernehmen.
Die 53 Jahre alte Tuttle ist laut Roth seit 25 Jahren im Filmfestival-Geschäft. Ihre Aufgabe wird sein, die Internationalen Filmfestspiele Berlin zu modernisieren, die Zukunft der Berlinale zu sichern und ihre Rolle in der Liga der A-Filmfestivals zu stärken, wie Roth erklärte. Tuttle kennt sich mit Publikumsfestivals aus, betreute das Programm eines LGBTQI+-Festivals in London und will dem Kino neue Zuschauer zuführen.
Unter Tuttles Leitung haben das BFI London Film Festival und das BFI Flare Festival nicht nur einen Publikumszuwachs verzeichnet, sondern auch international an Profil und Bedeutung gewonnen, sagte Roth:
"Sie hat den Herausforderungen der Digitalisierung kreative Strategien entgegengesetzt und das Festival bunter, vielfältiger und zugänglicher gemacht". Überzeugt habe Tuttle die Kommission vor allem mit ihren klaren Vorstellungen zu den künstlerischen Perspektiven der Berlinale. "Alle waren sofort einstimmig hinter ihr, da gab es überhaupt keine Diskussion".
Tricia Tuttle stammt aus North Carolina, wo sie den Angaben zufolge ihre Karriere als Gitarristin der Band "June" begann. Sie hat einen Master in Film Studies des British Film Institute und der Birkbeck University und einen Bachelor of Arts in Literatur-, Radio-, Fernseh- und Kinowissenschaft.
Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen A-Filmfestivals. Allerdings wurde bereits zur nächsten Ausgabe, die vom 15. - 25. Februar 2024 geplant ist, das Geld gekürzt, sodass weniger Sektionen zur Verfügung stehen und insgesamt auch deutlich weniger Filme gezeigt werden können als früher unter der Leitung von Dieter Kosslick.
Darüber hinaus ist die Lage der am Potsdamer Platz zur Verfügung stehenden Vorführstätten desaströs. Wegen der Pandemie wurde die Anzahl der Sitzplätze im CinemaxX halbiert und stehen während der Berlinale nur noch Fachbesuchern und der Presse zur Verfügung. Darüber hinaus wurde sowohl das CineStar als auch das IMAX im ehemaligen Sony Center geschlossen, sodass bis 2025 dort kein einziges Kino mehr existieren wird. Auch das Arsenal-Kino am Potsdamer Platz muss ausziehen und kann dann nur noch im Wedding im Silent-Green-Quartier, dem Archiv des Arsenals, seine Filme zeigen.
Übrig bleibt einzig der Berlinale Palast am Marlene-Dietrich-Platz sowohl für das Berliner Publikum als auch für geladene Gäste. Der Neubau, der nach der Wende entstanden ist, wurde allerdings vorwiegend als Theater konzipiert und gewährleistet - im Gegensatz zu modernen Kinos mit einem steil ansteigenden Zuschauerraum - deshalb von vielen Sitzplätzen, insbesondere von den zwei oberen Rängen, keine optimale Sicht auf die Leinwand.
Zuletzt wurden Filmvorführungen der Berlinale sogar notdürftig in die Verti-Music-Hall auf billigen, harten Klappstühlen ausgelagert, die vom Centrum des Berlinale-Geschehens ziemlich weit entfernt am Mercedes-Benz-Platz in Friedrichshain liegt.
Für langjährige Berlin-Kenner, die die Ursprünge der Berlinale noch am Kurfürstendamm im Haus Wien und später am Zoo-Palast erleben konnten, ein trauriger Abstieg für ein Festival dieses hohen Ranges, das nach Cannes und Venedig als das drittwichtigste Festival der Welt gilt.
Für Tricia Tuttle dürfte die Berlinale eine große Herausforderung werden, denn das Londoner Film Festival, das Tuttle in den letzten fünf Jahren geleitet hat, hat eher lokale Bedeutung, weil es keinen internationalen Wettbewerb gibt, auch wenn sich dort ab und zu Hollywoodprominenz hat blicken lassen. Mit ihrer Erfahrung der Programmierung des schwul-lesbischen BFI Flair Festivals, wird sie zumindest den Teddy-Award der Panorama-Sektion nach dem Weggang von Wieland Speck fortführen wollen, weil sie damit auch auf den ihr gut bekannten queeren Schwerpunkt der Berlinale trifft.
Ob dies allein reicht, die Berlinale im Ranking der A-Festivals an dritter Stelle zu halten, könnte schwierig werden. Durch die in den März verschobene OSCAR®-Verleihung dürften der Berlinale im Februar auch in Zukunft eher mittelmäßige neue Werke aus den USA zur Verfügung stehen. Das war vor der Pandemie noch umgekehrt und ergab mehr Sinn. Man könnte auch sagen, Berlin bleibt mit vielleicht noch mehr queeren Werken "arm aber sexy", um den Ex-Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zu zitieren.
Carlo Chatrian hatte vor seinem Einstieg bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin fünf Jahre lang das weltweit bekannte A-Filmfestival in Locarno in der italienischen Schweiz am Lago Maggiore geleitet, welches ebenso wie die Berlinale über einen renommierten, internationalen Wettbewerb verfügt.
Tricia Tuttle lebt dagegen seit langem nicht mehr in den USA, sondern in London, das trotz seiner Bedeutung in der Filmwelt nichts Vergleichbares zu anderen A-Festivals zu bieten hat. Die Kontakte nach Hollywood und vor allem auch zur immer wichtiger werdenden lateinamerikanischen sowie osteuropäischen, asiatischen oder afrikanischen Filmszene wird sie sich wohl erst von Berlin aus mühsam erarbeiten müssen.
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Lupita Nyong'o leitet 74. Berlinale-Jury
Die kenianische Schauspielerin Lupita Nyong'o leitet die diesjährige Jury des Berlinale-Hauptwettbewerbs, wie die Pressestelle der Internationalen Filmfestspiele Berlin bereits am Montag bekannt gab.
Die 40-jährige Oscar-Preisträgerin ist aus "12 Years a Slave" und den "Black Panther"-Filmen bekannt. Sie arbeitet auch als Regisseurin, Produzentin und Autorin.
Die 74. Berlinale, letztmalig unter der Leitung des Führungsduos aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, findet vom 15. - 25. Februar 2024 mit den Sektionen Forum, Panorama, Generation, Retrospektive und Encounters neben dem Hauptwettbewerb statt. Filmreihen wie die "Perspektive Deutsches Kino" und "Berlinale Series" wird es aus finanziellen Gründen nicht mehr geben.
Link: www.berlinale.de